Dienstag, 25. Oktober 2016

Tour de Marburg

 

Tandemfahren gehört seit vielen Jahren zum festen Bestandteil der (Frei­zeit-)Pädagogik in der Landesschule für Blinde und Sehbehinderte Neu­wied. Dies geschieht im Alltag bei kleinen Touren, aber auch große, um­fangreiche Freizeiten bilden Highlightsfür die blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schüler. In diesem Zusammenhang besteht seit einigen Jahren eine Kooperation mit Tandem-Hilfen e.V., einem Berliner Verein, der sich um die Integration blinder und sehbehinderter Menschen in die Gesellschaft mittels des Mediums Tandemfahren kümmert. In diesem Jahr stand wieder eine der großen Tandem-Sternfahrten unter Beteiligung dutzender Teams aus allen Himmelsrichtungen, dem In- und Ausland, auf dem Programm. Ziel: Das alle vier Jahre vom Deutschen Blinden und Sehbehindertenverband organisierte Louis-Braille-Festival der Begegnung, das in diesem Jahr in Kooperation mit der BlistaMarburg stattfand.

Aus Richtung der Landesschule starteten nach intensiven Vorbereitungen vier Sporttandems, begleitet von einem befreundeten Berliner Team sowie auf der ersten Etappe von vier Teams des Vereins Tandem-Hilfen e.V.

1025 abfahrt in neuwied feldkirchen
Abfahrt in Neuwied-Feldkirchen

 

Eine solchumfangreiche Tour ist natürlich für alle Beteiligten gleicherma­ßen eine spannende, reizvolle, aber auch kräftezehrende Herausforderung, für die blinden und sehbehinderten Jugendlichen sowieso, aber ganz bestimmt auch für die Erzieher als Piloten.

1025 unterwegs mit dem spezialtandem hase bike Unterwegs mit dem Spezialtandem Hase-Bike

 

Die erste Etappe führte bei bestem Fahrradwetter gut 70 km zunächst am Rhein entlang bis nach Lahnstein, fortan die Lahn hinauf bis ins idyllische Laurenburg. Der Lahnradweg ist sicher einer der schönsten in Deutschland und mit unglaublich vielen (Sinnes-)Eindrücken verbunden. Diesen weiter entlang ging es am zweiten Tag bis in die alte Residenzstadt Weilburg, die mit etwas mehr als 50km kürzeste, aber dennoch aufgrund des Höhenprofils anstrengendste Teilstrecke.

1025 vor der kulisse des grafenschlosses diez Vor der Kulisse des Grafenschlosses Diez

Am letzten Tour-Tag zog uns Marburg magisch an und - einmal eingefahren - vergingen die letzten 90 km wie im Flug.

 

Dort warteten noch drei unglaublich spannende und abwechslungsreiche Tage mit viel pädagogischen Tiefgang. Zunächst stand ein Corso mit etwa sechzig Tandems quer durch Marburg auf dem Programm, zum Teil von der Polizei eskortiert über abgesperrte Innenstadtstraßen. Dabei konnten speziell die Jugendlichen wertvolle Erfahrungen machen, beispielsweise ganz zwanglos von Rad zu Rad einen Plausch mit Verena Bentele halten, der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Men­schen, selbst eine vollblinde Frau und eine beeindruckende Persönlichkeit.

1025 mit vererena bentele
Mit Verena Bentele

Als die endlose Schlange von Tandems zur Eröffnung des Festivals auf Gelände einbog, war der Applaus der zahlreichen Besucher groß. Die restliche Zeit verbrachten die Schülerinnen und Schüler dann größtenteils auf dem mit 3500 angemeldeten Teilnehmern prall gefüllten Louis-Braille-Festival. Vielfältige blindengerechte Sportarten konnten ausprobiert wer­den, Vorführungen bestaunt, Hilfsmittel getestet oder die Blista besucht und dort manch bekanntes Gesicht wieder getroffen werden, bis die Tour nach insgesamt sechs ereignisreichen Tagen mit dem Zug Richtung Neu­wied - die Köpfe voll mit den unterschiedlichsten Eindrücken – zu Ende ging.

 

Michael Fries